Reisebericht Hanna Peinsipp

Reisebericht von Hanna

Studiengang: Informationswirtschaft
Auslandsuni: Capilano University, Kanada

Ich studiere Informationswirtschaft am Karlsruher Institut für Technologie und ein Auslandssemester ist in meinem Studiengang leider gar nicht vorgesehen. Ich wollte aber auf jeden Fall während meines Studiums auch Auslandserfahrungen sammeln und habe zufällig über einer Anzeige in einer Facebook-Gruppe von der Organisation INAC erfahren. Zunächst war ich ehrlich gesagt etwas skeptisch, als ich gelesen habe, dass man 100% einen Platz an einer ausländischen Universität bekommt, weil ich von einigen Kommilitonen von erfolglosen Bemühungen gehört habe. Trotzdem habe ich direkt am nächsten Tag ich eine Veranstaltung von INAC am KIT besucht - danach hatte ich keine Zweifel mehr!

Zur Auswahl stehen mehrere Universitäten in verschiedenen Ländern. Nach einer kurzen Internet-Recherche habe ich mich für die Capilano University an der Westküste Kanadas entschieden, weil ich neben meinen Uni-Veranstaltungen auch gerne reisen wollte, und die Gegend rund um Vancouver unglaublich viele Möglichkeiten dazu anbietet.

Die Bewerbungsphase

Die Bewerbung lief über INAC problemlos. Ich habe innerhalb weniger Wochen meine Unterlagen (mein Notenspiegel, Englisch-Nachweis, ein „Letter of Permission“, unterschrieben von einem Professor, usw.) gesammelt und musste danach nur noch auf die Antwort der kanadischen Universität warten. Die Besonderheit bzgl. des Nachweises meiner Englischkenntnisse bestand darin, dass ich keine Prüfung belegen musste. Ich habe vor kurzem an einen Englisch-Kurs am KIT teilgenommen und am Ende ein Zertifikat von der Universität erhalten, auf dem stand, dass meine Kenntnisse dem C1-Niveau entsprechen, und das war für die kanadische Universität völlig ausreichend. Ich musste mich kurz vor der Abreise nur um Visum, Flugticket und Unterkunft in Kanada kümmern. Das ging recht zügig! Wie sich herausgestellt hat, braucht man kein Studentenvisum, wenn man weniger als sechs Monate in Kanada bleibt. Ich habe mich nur für ein Trimester beworben, also für vier Monate, somit musste ich nur eine sog. „eTA“ (electronic travel authorization) beantragen, was ich online innerhalb von 15 Minuten erledigt habe. Um die Krankenversicherung musste ich mich gar nicht kümmern, da dies die Universität selbst geregelt hat. Mitte November habe ich mein „Letter of Offer“ von Capilano University erhalten und bereits kurz vor Silvester war ich schon in Vancouver!

Die Unterkunft

Es gab mehrere Optionen, eine Unterkunft in der Nähe von der Universität zu finden: in einer Gast-Familie zu leben, eine WG mit Kommilitonen zu gründen oder in die CapilanoU-Residence einzuziehen. Ich habe mich für die letzte Option entschieden und meiner Meinung nach war das die richtige Entscheidung. Ich lebe hier mit vielen von meinen Kommilitonen, wir gehen jedes Mal zusammen essen, machen unsere Hausaufgaben, gehen zusammen aus, veranstalten vor Ort kleine Partys bzw. Movie-Nights oder ähnliches und es ist hier nie langweilig. Außerdem müssen wir uns um nichts rund um den Haushalt kümmern. Es wird für uns gekocht und geputzt, deswegen können wir uns in der Residence gut erholen bzw. konzentriert arbeiten.

Das Studium

Da mein Studiengang in Deutschland unter anderem auch den wirtschaftlichen Teil beinhaltet, habe ich mich in Kanada für wirtschaftliche Fächer entschieden. Ich wurde in das Business Administration Programm eingeschrieben und muss als International Visiting Student nur drei Fächer belegen. Ich bleibe in Kanada nur ein Trimester lang (Spring 2018). Die Vorlesungszeit beginnt hier ganz früh nach Silvester, nämlich am 3. Januar, und nach weniger als vier Monaten hat man die Klausurenphase, die ebenso schnell vorbei ist, und es geht ohne Unterbrechung weiter mit dem nächsten Trimester. Ein Tag vor Beginn der Vorlesungszeit hat die Orientierungsveranstaltung stattgefunden. An dem Tag wurden wir ganz herzlich begrüßt, haben wichtige Informationen über die Universität und den Ablauf des Studiums erhalten, kleine Geschenke bekommen und an einem Mittagessen zusammen mit anderen Studenten, Mentoren und einigen Professoren teilgenommen. Zu dem Mentoren-Programm muss ich sagen, dass es für mich sehr hilfreich war, einen Mentor zu haben. Mein Mentor hat mich bereits angeschrieben, als ich noch in Deutschland war, und mich seitdem bei allen Angelegenheiten unterstützt. Jetzt, wo ich nach einem Monat keine Hilfe bzgl. des Studiums mehr brauche, bleiben wir weiterhin im Kontakt, um zusammen feiern zu gehen, die Gegend zu untersuchen und vieles gemeinsam zu unternehmen. Im Vergleich zu meiner deutschen Universität ist der Ablauf des Studiums hier komplett anders. Erstens ergibt sich die Endnote in einem Fach aus mehreren Komponenten, wie der Mitarbeit im Unterricht, regelmäßigen Tests, mehreren Klausuren („midterms“ und „finals“) und wöchentlichen Assignments. Zweitens hat man im Studium mehr praktische Aufgaben und wenig trockene Theorie. So muss man zum Beispiel Projekte für echte Kunden entwerfen und durchführen. Das war für mich am Anfang etwas ungewöhnlich und somit anstrengend, aber jetzt bin ich sehr froh, dass ich die Möglichkeit habe, diese neuen Erfahrungen sammeln zu können. In zwei von meiner drei Fächern werde ich am Ende auch noch zertifiziert, was für meine zukünftige Karriere auf jeden Fall einen Vorteil darstellt. Obwohl es nach sehr viel Arbeit klingt, habe ich, wie oben erwähnt, nur drei Fächer und somit nur drei Tage, an denen ich zur Uni muss. An den anderen Tagen kann ich mit meinen Kommilitonen rumreisen und das Leben in Kanada untersuchen.

Das Reisen

Da ich bisher nur einen Monat meines Aufenthalts hinter mir habe, haben ich und meine Freunde bis jetzt nur ein paar Punkte unserer To-Do-Liste abgearbeitet. Da das Wetter im Winter im Vancouver-Gebiet nicht besonders „kanadisch“ ist, d.h. es ist ziemlich warm und regnet an vielen Tagen, müssen wir Tätigkeiten wie Wandern oder Skifahren auf einen etwas späteren Termin verschieben. Trotz des Wetters versuchen wir, jede Möglichkeit zu nutzen, etwas Neues in Kanada zu erleben. Eine der ersten Unternehmungen hier war, einen Park mit der längsten Hängebrücke der Welt zu besuchen – die Capilano Suspension Bridge Park in North Vancouver. Der Regenwald von oben und der Fluss aus der Höhe der Brücke sehen wirklich beeindruckend aus! Die Schönheit der kanadischen Natur kann man kaum beschreiben. Neben zahlreichen Touristen besuchen auch die Einheimischen oft diesen Park.

Da sich in Kanada zahlreiche National Parks befinden, haben meine Freunde und ich vor, zumindest zwei davon zu besuchen. Alles scheint ganz nah beieinander zu sein, man braucht allerdings ein Auto, um dort hin zu kommen. Mit einem internationalen Führerschein kann man hier problemlos Auto fahren. Die Bus-Verbindungen sind zwar auch ganz gut, man ist dann aber an den Fahrplan angewiesen und außerdem fällt es im Endeffekt nicht günstiger aus. Außerdem gibt es in der - für kanadische Verhältnisse - näheren Umgebung viele Seen, Gebirge, Inseln, den Ozean und anderes zu sehen. Wer sich für die wilde Natur interessiert, muss sich auf jeden Fall für einen Aufenthalt in Kanada entscheiden.

Neben Wandern kann man jederzeit Ski bzw. Snowboard fahren, auch wenn man hier ein Trimester im Sommer verbringen möchte. Dank der Lage der Stadt zwischen dem Pazifischen Ozean und Gebirgen ist das Klima hier sehr besonders. Im Sommer kann man beispielsweise innerhalb von einem Tag am Strand die Sonne genießen und danach Skifahren gehen - Alles ist in der Reichweite von wenigen Minuten mit dem Auto! Kurze Ausflüge in der Gegend um Vancouver werden auch von verschiedenen Studenteninitiativen der Uni organisiert und sind meistes entweder kostenlos oder sehr günstig. Die Mitarbeiter des Center for international Experience, die sich um internationale Studenten kümmern, veranstalten ebenso gemeinsame Exkursionen. Außerdem gibt es ein breites Angebot von Sportkursen an der Capilano University, die nicht nur klassische Sportarten beinhalten, sondern auch solche wie Forest-Yoga oder Hiking. Für Studenten sind diese Kurse völlig kostenlos.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Betreuung durch Mentoren sehr umfassend ist. Man schließt sehr schnell neue Freundschaften, sodass man sich nie einsam fühlt, und bekommt jederzeit Unterstützung sowohl im Studium als auch allgemein während des Aufenthalts hier. 

Die Stadt

Vancouver ist die größte Stadt der Westküste Kanadas. Die Innenstadt, also Downtown, ist das Business-Zentrum Vancouvers, und stellt eine Reihe beeindruckender Wolkenkratzer dar, wobei sich in 10-minütiger Entfernung der alte Stadtteil Gastown befindet. In Vancouver findet man für jeden Geschmack etwas. Es gibt zahlreiche Clubs und Bars für Partymenschen sowie Museen und Ausstellungen für diejenigen, die sich für klassische oder moderne Kunst interessieren, Parks mit Aussicht auf die Skyline, Shopping-Straßen mit zahlreichen Geschäften der bekanntesten Marken, viele Sportevents usw. Die Architektur ist erstaunlich und unterscheidet sich von der in Europa. Die Stadt ist sehr vielseitig, man findet neben klassischen Gebäuden und Denkmälern auch moderne Häuser und Skulpturen, und man hat als Tourist kaum genügend Zeit, sich alles interessante anzuschauen.

Das Leben

Die Verbindung in Metro Vancouver ist sehr gut. Ich lebe nicht direkt in Vancouver, sondern in der Nachbargemeinde North-Vancouver, was nur in 30 Minuten Fahrzeit von Downtown entfernt ist. Zur Verfügung stehen normale Busse, der „SeaBus“ über Wasser und der Skytrain. Die Busse fahren auch in der Nacht.  Es gibt verschiedene Mobilfunk-Anbieter, ich habe mich aber dafür entschieden, weiterhin meine deutsche SIM-Karte zu benutzen, da man hier praktisch überall einen WIFI-Anschluss findet. 

Fazit

Während dieser Reise sammle ich Erfahrungen nicht nur rund um das Studium, sondern auch für das Leben. Mein Ziel am Anfang war, meine Englischkenntnisse zu verbessern und dabei möglichst wenig von meinem Studium in Deutschland zu verpassen.Und schon nach wenigen Wochen kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war, und ich von dieser Reise noch viel mehr bekomme als ich erwartet habe. Man wird viel selbstsicherer, wenn man mit irgendwelchen Problemen konfrontiert wird und dabei versteht, dass man alleine am anderen Ende der Welt lebt. Außerdem entwickelt man sich durch das Kennenlernen einer anderen Kultur und das Zusammenleben mit Menschen mit anderen Lebensgewohnheiten persönlich ständig weiter. Man lernt viele neue Menschen kennen und findet Freunde fürs Leben. Und man verbessert wirklich ganz schnell die Sprachkenntnisse:) Somit kann ich jedem Studenten empfehlen, die Zeit während des Studiums zu nutzen, sich selbst herauszufordern und sich für einen Aufenthalt im Ausland zu entscheiden!